In dem knappen halben Jahr vom 14. August 1736 bis zum 27. Januar 1737 hatte Georg Friedrich Händel mit der Komposition von drei Opern eine in seinem Opernschaffen bis dahin nie dagewesene Produktivität erreicht. Darüber hinaus schuf er im März 1737 noch ein weitgehend neues Oratorium: „Il trionfo del Tempo e della Verità“ („Der Sieg der Zeit und der Wahrheit“) HWV 46b. Dessen Worttext entspricht überwiegend demjenigen des Oratoriums „La Bellezza ravveduta nel trionfo del Tempo e del Disinganno“ („Die durch den Sieg der Zeit und der Erhellung geläuterte Schönheit“) HWV 46a von 1707. Mit „La Bellezza ravveduta“ hatte Händel gleich zu Beginn seines Oratorienschaffens ein allegorisches und gleichzeitig besonders dramatisches Oratorium komponiert. Es gibt hier keinen zu Reflexionen neigenden Chor. Nicht nur in den Rezitativen hören die vier Allegorien Bellezza (Schönheit), Piacere (Vergnügen), Tempo (Zeit) und Disinganno (Erhellung) einander zu und reagieren auf die von den jeweils anderen vorgetragenen Ideen.
Händel ging 1737 bei der Neubearbeitung des Oratorienstoffes als „Il trionfo del Tempo e della Verità“ pragmatisch vor. Er benötigte für die Fastenzeit ein für sein Publikum am Covent Garden Theatre neues, wegen eines Verbotes szenischer Aufführungen aber nichtszenisches abendfüllendes Werk. Er verfügte über hervorragende italienische Gesangssolisten, die aber für ihre Aussprache in Händels englischen Oratorien berüchtigt waren und selbstverständlich am liebsten italienisch sangen. Also lag es für Händel nahe, auf das Verbot von Aufführungen seiner italienischen Opern in der Fastenzeit 1737 äußerst kurzfristig mit einem neuen Oratorium in italienischer Sprache, aber in der von ihm selbst 1732 in „Esther“ HWV 50b entwickelten dreiteiligen „englischen“ Oratorienform zu reagieren. Anders als 1707 in Rom verfügte er 1737 in London auch über einen Chor, und das englische Oratorium mit seinem hohen Anteil von Chören, generellem Vorrang einer konzertartigen vor einer dramatischen Gestaltung und einem häufigen Einschub von allenfalls in lockerem Zusammenhang mit der Handlung stehenden Orgelkonzerten war bereits etabliert.
Der neue Band der HHA bietet sowohl die Fassung der Uraufführung von 1737 als auch alle überlieferten Früh- und Spätfassungen (die letzteren sind durchweg ganz besondere Höhepunkte) einzelner Musikstücke von „Il trionfo del Tempo e della Verità“.