In lumine tuo

Wow! Es gibt Stücke, die den Hörer so in ihren Bann zu ziehen vermögen, dass man nur noch staunen kann. Diesen überwältigenden Effekt hat ein englischer Komponist einmal als enlarging the west door and letting the air in beschrieben: ein flächiger Breitwand-Klang in Cinemascop-Format gewissermassen, in dem man sich so richtig baden kann. Nur Fliegen ist schöner. Roelof Temminghs Motette In lumine tuo hat sicherlich die dazugehörigen Qualitäten. Sie erfordert einen voluminösen Klangkörper, der die massive Achtstimmigkeit ausfüllen und die dynamischen Kontraste vom ppp zum ff wirkungsvoll realisieren kann. Genau genommen ist das Stück gar nicht mal so aufregend. Es ist überwiegend tonal gehalten, angereichert mit viel Chromatik, Distanzharmonik und einigen archaischen Reizklängen. Alles in allem setzt Temmingh seine Mittel ausgesprochen raffiniert und effektvoll ein. Ein dankbares Stück. Guido Krawinkel, Cantate, 3/2000